Wir fahren
ein paar Tage durchs Cotentin.
Auch hier kommen wir,
ebenso wie an der Landungsküste
in der Normandie,
immer wieder durch Ortschaften,
die im Krieg verwüstet
worden waren,
viele Mahnmale erinnern
an die vielen Opfer .
Während die Küsten
des Cotentin
die Badetouristen anlocken,
ist das Innere der Landzunge eher ländlich geprägt.
Wohl Jeder kennt den
hervorragenden
" Cidre " oder den Calvados .
Hier in den Obstwiesen
reifen die Äpfel dafür heran.
In der Landwirtschaft
dominiert die Viehzucht.
Auch wenn die Kühe
etwas dümmlich dreinblicken, sie produzieren eine
wunderbare Butter
und einen
excellenten Käse.
Und nun gehts weiter mit dem
Mont Saint Michel.
Streng genommen
gehört der
Mont Saint Michel
nicht zu der
Bretagne,
sondern der Normandie,
wobei aber die
Bucht von Mont Saint Michel
schon in der
Bretagne
liegt.
Sei's wie's ist,
"Le Couesnon dans sa folie ...."
Drei Flüsse:
Die Selune,
die See
und
der Couesnon
formten ursprünglich
die Bucht
von Mont Saint Michel,
die die natürliche Grenze
zwischen der
Bretagne und der
Normandie war.
1009 wurde der Fluss Couesnon
als Grenzfluss festgelegt.
Und irgendwann:
" Le Couesnon dans sa folie,
a mis
le Mont en Normandie" -
veränderte dieser
verrückte Couesnan
seinen Lauf und floß plötzlich westlich am Mont vorbei
und verlegte ihn so in die Normandie....
- wenn's immer so einfach wäre.
Nun muss man aber fairerweise sagen,
dass die prächtige Abtei,
so wie wir sie heute
sehen,
auf Geheiß eines normannischen Duc's,
von normannischen Architekten entworfen und auch von
normannischen Arbeitern
mit Baumaterialien
aus der Normandie gebaut wurde, auch der
Stil ist
typisch normannisch.
Als die Römer kamen,
war die
Normandie schon
seit Jahrtausenden
besiedelt.
Bereits im VIII. Jhdt.
wird von einer
Klostergründung
berichtet.
Der Bischof
Aubert von Avranches
hatte vom
Erzengel Michael
persönlich im Traum
den Auftrag erhalten,
auf dem Berg
im Meer eine Kirche
zu erbauen.
Weil aber der
Bischof seine
nächtlichen Hirngespinste
nicht so ganz
ernst nahm und er
zu lange zögerte,
soll, so will es
die Legende,
der himmliche Botschafter
bei seinem dritten
nächtlichen
Bemühen
etwas deutlicher
geworden sein,
und Aubert mit dem
"Finger am Schädel berührt "
haben, damit
dieser nun
endlich mit dem
Bau der Kirche
beginnen würde.
Diese Berührung war
so nachdrücklich,
dass Aubert
danach
ein Loch im
Schädel hatte.
Das Beweisstück,
eben genau dieser
Schädel mit dem Loch darin,
liegt übrigens
in der Kirche
Saint-Gervais-et-Saint-Protais
in Avranches
im Reliquienschrein
und kann
auch dort
besichtigt werden.
Auch wenn
Professor Thillaud
im Jahre 2003
zu dem Ergebnis
gekommen ist,
dass das Loch
im Schädel durch
eine Zyste
entstanden sei,
zieht die Reliquie
alljährlich
viele Pilger an.
Aubert jedenfalls
wusste danach,
was nun zu war:
Er baute
an einer Grotte,
die er in Gipfelnähe
entdeckt hatte,
eine kleine Kirche.
Um 990
wurde
diese durch einen
Brand teilweise
zerstört und später
wieder erneuert.
Um 1017,
anlässlich
der Hochzeit
von Herzog Richard II.
mit Judith de Bretagne
wurde der Plan
gefaßt,
eine größere Gipfelkirche
zu bauen.
Um genügend Fläche zu bekommen,
wurden die um
den Gipfel herum stehenden
anderen Klostergebäude
mit in
den Bau
mit einbezogen.
Es begann eine sehr lange Baugeschichte ,
die über Jahrhunderte dauern sollte.
Das Bauvorhaben in der Gipfellage erwies sich als sehr schwierig
und ging nur langsam voran.
Immer wieder stürzten Stützwände ein.
Auch wurde der Mont immer wieder Opfer von Angriffen.
Anfang des XV. Jhdts. wollten die Engländer
die widerspenstige Festung stürmen,
was ihnen
unter
anderem
aber
durch das Eingreifen
einiger beherzter bretonischer Seeleute
nicht gelang.
So wurden die Verteidigungsanlagen
im laufe der Zeit
immer mehr verstärkt .
Ludwig XI. fand
im XV.Jhdt.
an der Trutzburg
Gefallen
und gründete
hier seinen Ritterorden,
dessen oberster Ritter
der Erzengel Michael
sein sollte.
Bekannt auch
durch seine
Grausamkeiten,
ließ Ludwig XI. fortan Widersacher oder
politisch
Andersdenkende
als Gefangene
auf den
Mont Saint Michel
verbringen.
Sie wurden
teilweise auf
grausamste Art und Weise
in enge Käfige
"Fillettes" eingepfercht,
in welchen sie weder
stehen noch liegen
konnten und so
wahre Höllenqualen
ertragen mußten.
Die Käfige wurden
an der Decke aufgehängt,
und oft wurden
die Gefangenen einfach
dort oben vergessen.
Auch in die
Religionskriege,
Anfang des XVI.Jhdts.,
wurde
der Mont verwickelt .
Die Protestanten
versuchten sich der
Hochburg der Katholiken
mit List und
Tücke zu bemächtigen.
Der Mont konnte
zwar den Angriffen
und den Belagerungen
als Festung
immer wieder
standhalten
aber der
wirtschaftliche
Niedergang
des Klosters
war längst eingeleitet.
Auch die
französische Revolution
hinterließ ihre Spuren
und 1791 mußten
die letzten Mönche
die Abtei verlassen.
Das berüchtigte
Gefängnis blieb
aber bestehen.
Die Gebäude waren
mittlerweile in
einem sehr
mardodem Zustand.
Die Kirchenfürsten
lebten
zwar nicht mehr
auf dem Klosterberg ,
aber sie zogen
noch ihre Einkünfte
aus dem Kloster.
Nach der
Französischen Revolution
wurde die Kirche
in eine Strohhutfabrik
umgebaut.
Erst 1863 wurde
nach langen
Protesten
das Gefängnis
aufgehoben
und die Abtei
wurde wieder
an die Kirche
zurückgegeben.
Es kamen
auch wieder
die ersten
Mönche
auf den
Mont Saint Michel
und die
Restaurierungsarbeiten
wurden
wieder aufgenommen.
Fertiggestellt
wurde die Kirche,
so wie sie
heute zu sehen ist,
erst im XIX. Jhdt.
Viele Geschichten
ranken sich
um Mont Saint Michel
und von
vielen Wundern des
Heiligen Michael
wird erzählt:
So soll eine
blinde Frau,
als sie ihre Augen
in Richtung Mont
richtete,
plötzlich wieder
sehen gekonnt haben.
Sie rief aus:
" Qu'il fait beau voir !",
wie schön,
wieder sehen
zu können !
Und so kam es,
daß der Ort an dem sie stand fortan
" Beauvoir " genannt wurde.
Von einer anderen Frau , die ein Kind erwartete, wird erzählt,
dass diese
unvorsichtigerweise
bei Ebbe
zum Mont laufen wollte.
Plötzlich setzten
die Wehen ein,
sie brach zusammen
und wurde
von der Flut überrascht.
Wundersamerweise blieb sie unversehrt.
Ein anderes Kuriosum ist das der wallfahrenden Kinder im Spätmittelalter,
" die Hirtenkinder" wurden sie genannt.
In der Chronik der Stadt Köln befindet sich ein Bericht
über eine zwei Jahre dauernde Kinderwallfahrt
zum Mont Saint Michel ,
an der Kinder im Alter zwischen 8-12 Jahren teilnahmen.
Zwar gingen die Kinder, die aus allen möglichen Ländern
zusammen kamen,
damals ohne die
Erlaubnis der Eltern
auf diesen langen Fußweg,
doch wurden sie unterwegs
von der Bevölkerung
gut versorgt.
Es schlossen
sich ihnen auch
viele weitere Pilger
unterwegs an.
Der Kirche waren
diese Pilgerzüge
der Kinder suspekt,
sie sahen
darin die
Ursache für Unordnung
und Ungehorsam.
Die Züge dauerten
noch bis ins
XVIII. Jhdt. an.
Heute haben sich
Glaubensbrüder und -schwestern
des 1975 gegründeten Ordens
"Fraternité monastique
de Jerusalem“ hier
auf dem Mont eingemietet.
Die Schwestern
und Brüder,
führen ein kontemplatives klösterliches Leben führen.
Man kann
an ihren
Liturgien teilnehmen
oder auch
spirituelle Tage
mit der Glaubensgemeinschaft verbringen.